"Am besten nehmen Sie sich einen Anwalt!"
Ein gefühltes Dutzend Male war mir der Rat erteilt worden. Letztmals von niemand geringerem als dem Solothurner Oberstaatsanwalt. Ihn hatte ich ja vergeblich gedrängt, Professor U. Kieser als Fachgutachter engagieren zu lassen. Vielleicht gerade deshalb hatte mich die Idee befallen, selbst den illustren Advokaten zu kontaktieren. Wenn nämlich jemand den dreisten Verjüngungstrickbetrug der Frau M. Guhl im Handumdrehen durchschauen konnte, dann er... So mailte ich an diesem Sonntag hoffnungsvoll ein prägnantes vordatiertes Schreiben an seine Kanzlei.
Erstaunt und hocherfreut stellte ich später an diesem Sonntagabend fest, dass bereits Lesebestätigung für mein Anwaltsmail angekommen war.
Ebenso erfreut war ich am Montag, dass unverhofft bereits eine frühe Antwort in der Mailbox lag.
Auf die superschnelle Antwort schrieb ich noch gleichentags zurück, diverse Dokumente beigelegt. Ich war überzeugt, dass sich diese renommierte Fachperson anhand der Unterlagen mühelos ein Bild des Betrugsherganges machen konnte. Dem bisherigen Tempo nach würden allfällige Detailfragen unverzüglich im Dialog geklärt, telefonisch, über Skype oder in Besprechungen. Zügiges Vorankommen zeichnete sich ab mit transparenter, unkomplizierter Vorgehensweise. Am Horizont zeichnete sich ein breiter Silberstreifen ab.
Postwendend war nächstentags bereits wieder ein Mail angekommen:
Über das Tempo war ich sehr erfreut. Aber etwas Bedenkzeit nahm ich mir dennoch aus >
An diesem Dienstagnachmittag telefonierte ich mit meiner arbeitenden Ehegemahlin und schilderte ihr die Sachlage. Wir kamen überein, dass es gar kein Zaudern geben konnte - das Eisen musste jetzt geschmiedet werden. Noch gleichen nachmittags schrieb ich Anwalt Kieser ein kurzes Bestätigungsmail.
"Betreff: Verjüngungstrickbetrug.
S g Herr Kieser - Würfel und Entscheid sind gefallen. Einen faireren Deal als mit Ihnen können wir uns nicht vorstellen. Nach Erhalt Ihrer Kontodaten werden wir den Kostenvorschuss überweisen. M f G"
Am Freitag nach Auffahrt kam eine Mail von Anwalt Kieser:
Meine Frau und ich kamen aus dem Staunen fast nicht mehr heraus. Anwalt Kieser musste ein Workaholic sein. Wenn andere einen Brückentag für ein langes Wochenende einzogen, sass Herr Kieser im Büro. Mit ihm ging es ja Schlag auf Schlag. Gleichen nachmittags antwortete ich per Mail:
"Sehr geehrter Herr Kieser
Meine Erwartung, und Ziel der Abklärungen: durch Sie oder durch Ihre Kanzlei zu meinem Recht und zu Schadenersatz zu kommen, ohne oder mit Strafrecht; und Akten habe ich ziemlich viele! Ich bin am Ende meines Lateins. Nach wie vor bin der der Überzeugung, arglistig um meine legitim erstempelten Erwerblosenansprüche betrogen worden zu sein. Betrügende ist die Verfasserin des negativen Einspracheentscheides (in Kollusion mit RAV Wetzikon). Der Betrug begann mit dem Abstreiten von Fehlern und jeglicher Verantwortung und war vollzogen mit Unterlassung der Fehlerkorrektur. Auf meine Argumente ist seither keine von vielen Instanzen eingegangen, Staatsanwaltschaften ZH und SO inklusive. Ihnen hingegen fällt es sicherlich leicht, den Tathergang anhand von Dokumenten, Daten und Fakten herauszuschälen. Bloss weiss ich nicht, was Sie alles von mir brauchen und in welcher Form, um es zielführend anzupacken.
- Der Einspracheentscheid ist eine einzige grosse Verschleierungs- und Vernebelungsaktion und eben grosse, dicke und fette Lüge; eine Auswertung Ihrerseits erübrigt sich möglicherweise. Mit Syna-Juristin Guhl telefonierte ich dreimal. Ihre Rhetorik triefte jedes Mal von Hinterlistigkeit und Böswilligkeit.
– Was mir soeben eingefallen ist: den Einspracheentscheid schrieb Frau Guhl ohne Kenntnis des RAV-Erstgesprächsprotokolls Dok. 070. Offenbar war ihr nicht bewusst, dass ich offiziell Anspruch auf die Extra-Taggelder erhoben hatte.
M f G"
Dienstag brachte einen kleinen Dämpfer. Von Anwalt Kieser kam dieses Mail >
Damit sah die Sache unversehens ein wenig anders aus. Anwalt Kieser hatte sich wohl etwas genauer mit meinem Fall befasst, den Überblick verloren - oder gewonnen? - und an den Zehen zu frösteln angefangen. Rückzieher anstatt Kontonummer nach dem vielversprechend furiosen Beginn?! Nun galt es, ihm den leichten Schreck zu nehmen.
Dem entsprechend verfasste ich am Mittwoch 27. Mai einen beschwichtigenden Mailbrief.
Eine ganze Woche lang von Anwalt Kieser nichts gehört und nichts gelesen. Und das nach den überaus hektischen zehn Tagen zuvor. Er hatte uns ein Angebot gemacht; meine liebe Ehegemahlin würde den Kostenvorschuss hälftig mitfinanzieren. Wir waren zum Deal bereit und hatten es ihm klar signalisiert. Warum er kalte Füsse bekommen hatte, verschwieg er uns; aber eine Kontonummer für die Überweisung ebenso.
Das Zaudern des Anwalts inspirierte mich zu einem Versuch. Zum sachte Nachdoppeln nicht ein Mail, sondern ein Brief mit Beilage auf dem guten alten Postweg, eingeschrieben und persönlich. Vielleicht würde ein bisschen Papiergeraschel zum nötigen Engagement verhelfen. Dem Schreiben vom 3. Juni legte ich einseitiges Papiergeld in Originalformat bei.
Eine knappe Woche später traf von Anwalt Kieser ein Mail ein >
Natürlich war ich heilfroh und erfreut, dem Professor endlich den Vorschuss vorschiessen zu dürfen. Über seine äusserst verhaltene unverbindliche Zusage, sich nunmehr doch noch mit dem Fall befassen zu wollen, machte ich mir keine Sorgen. Als fachkundiger Anwalt mit reichlich Renommée hatte er mein vollstes Vertrauen. Da nichts schiefgehen konnte, erledigte ich die Banküberweisung sofort.
Vom Anwalt kam ein vielversprechendes Mail an.
"Sehr geehrter Herr Varga,
besten Dank für die prompte Erledigung des Kostenvorschusses. Ich werde mich an die Arbeit machen.
Freundliche Grüsse. (...)"
In den folgenden Tagen begann ich zu realisieren, dass sich der Anwalt mit bis Mitte Juli viel Zeit ausgehandelt hatte. Selbstredend würde da etwas Handfestes entstehen.
Die Tage tröpfelten so dahin, und ich war dauernd auf einen Anruf oder ein Mail des Anwalts gefasst. Die eine oder andere Unklarheit, das eine oder andere Detail musste ihm doch etwas Kopfzerbrechen bereiten. Er hatte zwei Telefonnummern von mir... Früher oder später würde er mich unweigerlich anrufen. Oder aber: er hatte den Einspracheentscheid D#054 der Kasse vom 27.10.2015 bereits in seiner ganzen Perfidität durchschaut. Dann waren ihm unweigerlich die massiven Lügen der Kassenjuristin aufgefallen. Und alle anderen wasserdichten Fakten - lauter Rechtsfragen, alles nachvollziehbar, alles klar ersichtlich und auf der Hand liegend. Dann war es bloss noch eine Frage der Zeit, bis er mich von der Auflösung des Falles unterrichten würde...
Wieder einmal bewahrheitete sich meine Vorahnung, dass der Weg zum Ziel steiniger, steiler und langgewundener werden konnte als erhofft. Am besten wappnete man sich mit Geduld. Tonnenweise. Anwaltsseitig nichts erhalten und nichts gehört... Mit einem starken Mailbrief (D#790) machte ich am Mittwoch 24. Juni den x-ten optimistischen Versuch, etwas gegen die Intransparenz und die fehlende Kommunikation zu unternehmen.
"Verjüngungstrickbetrug | Sehr geehrter Herr Kieser
Nach Jahren erfolglosen Anrennens gegen Behörden drängt es mich, Ihnen mein Vertrauen auszusprechen. Noch nie war mein Gefühl, endlich bald auf einen grünen Zweig zu kommen, so stark. Dementsprechend hoch sind meine Erwartungen in Sie und in unsere Geschäftsbeziehung. Es drängt mich, Ihnen von der permanenten Intransparenz zu berichten, die bisher seitens aller Instanzen bei allen meinen Eingaben vorherrschte. Nie und nirgends ergab sich ein Dialog, überall war das Ergebnis dasselbe: Abwimmlung durch Nichteintreten oder Nichtanhandnahme. Es drängt mich, Ihnen meine Bereitschaft zum Austausch nahe zu bringen: uneigennützig, um Ihnen aus erster Hand Einblicke in die real erlebten Vorgänge zu verschaffen. Eigennützig, um informiert zu sein, ob, wie und wohin sich das Projekt bewegt. Vielleicht ist es zu früh; hoffentlich nicht zu spät. Es drängt mich, Ihnen eine Art Informationstreffen vorzuschlagen. Ich bin in der Materie nicht mehr ganz ahnungslos, weil ich akribisch recherchiert habe. Durch einen kurzen Austausch ergeben sich möglicherweise Synergieeffekte, und eventuell könnten Sie sich mit ergänzendem Material eindecken. Nichts liegt mir ferner, als Ihnen ins Handwerk zu pfuschen; vielleicht sind Zwischenbesprechungen sowieso in Ihrem Plan enthalten. Ich möchte einfach nicht die ganze Zeit auf Nadeln sitzen müssen. Das Behördenversagen und das damit einhergehende Unrecht möchte ich baldmöglichst aufgedeckt und aufgelöst wissen. – Was halten Sie von meinem Vorschlag?
M f G"
Mailantwort war nächstentags bereits im Morgengrauen angekommen:
"Am Donnerstag 25.06.2020 um 06:20 schrieb U. Kieser: Sehr geehrter Herr Varga,
ich werde zunächst das ganze Material, das Sie mir geschickt haben, genau durchsehen und meine Stellungnahme im Entwurf ausarbeiten. Die Besprechung ins effektiver, wenn ich alles im Kopf und als Entwurf beieinander habe. Ich müsste Ihnen diese Besprechung zusätzlich verrechnen, wenn ich das bisherige Budget durch die vorangehenden Schritte schon ausschöpfen muss.
Deshalb Vorschlag: Besprechung Mittwoch, 15. Juli, 15 Uhr.
Passt Ihnen dieser Termin?
Freundliche Grüsse..."
Die Argumentation des erfahrenen, renommierten Anwaltes machte Sinn, irgendwie; Machte mich aber nachdenklich, weil ich mir eigentlich einen intensiverem Austausch ausgemalt hatte.
Am Montag bestätigte ich den Juli-Termin per Mail - und fügte mit gemischten Gefühlen (war es wohl eine Vorahnung?) noch einen bescheidenen konstruktiven Wunsch an.
"Sehr geehrter Herr Kieser - jawohl, Termin passt prima, vielen Dank.
Es ist natürlich Wasser in die Limmat geschüttet, wenn ich vollständigkeitshalber noch ein Anliegen vorbringe: Sie möchten doch bitteschön jegliche Mutmassungen vermeiden, wo es um Geschehnisse oder Handlungen bzw. deren Fehlen geht. Die eine oder andere Detailfrage ist ev. wohl am besten umgehend mit mir geklärt (ich erwähne es, weil bestimmte Instanzen dermassen gemutmasst haben, dass sich die Balken bogen).
Ich sehe Mittwoch 15. Juli zuversichtlich entgegen.
M f G.."
Auf diesen Tag hatte ich hingefiebert. Ich reiste mit ÖV an und lernte das Reisen mit Maske und beschlagener Brille unter lauter Maskierten kennen. Beinahe am Ziel, realisierte ich, dass mir ca. 6-7 Minuten fehlen würden. Ich rief die Kanzlei an und liess ausrichten, ich sei im Anmarsch und nicht mehr weit entfernt. Angekommen und im Besprechungszimmer-Büro Platz genommen, erschien bald Anwalt Kieser und fragte mich nach knappster Begrüssung als erstes, ob ich sein Mail mit Beilage erhalten und studiert hätte?
Von einem Mail wusste ich so auf die Schnelle nichts. Eingestellt auf ein bisschen Einleitungs-Smalltalk, setzte ich zu einer Entschuldigung für die fünfminütige Verspätung an. Immer noch im Stehen, winkte der Anwalt ab und sprach wieder von einem Mail - ich war total überrumpelt. Mit so etwas wie Betroffenheit - gespielt oder echt - und stichwortartig sprach der Anwalt, auf dem Weg hinaus zum Vorzimmer, von einem Mail, das ich demfalls nicht gesehen hatte... schon vor zwei Tagen seine Stellungnahme... vorbereiten für Besprechung... Dokument jetzt zuerst schnell ausdrucken... Das alles nahm ich wie durch einen Schleier wahr, gefiltert, aus dem Off, nicht ganz wirklich, wie im sprichwörtlich falschen Film. Nur ein Gedanke dominierte - etwas stimmte hier nicht. Ich befand mich da in einer Anwaltskanzlei, im Büro dieses sehr renommierten Rechtsanwalts. Der im voraus Geld verlangt hatte. Wir hatten eine klare Abmachung getroffen; besser gesagt: so hatte er es bestimmt. Wir würden seinen Entwurf besprechen bei diesem Treffen, hier und jetzt. Tief durchatmend sagte ich mir, da muss ein Missverständnis vorliegen; das konnte gar nicht sein; da ist noch nichts verloren. Ich packte meine Unterlagen aus, ergänzendes Material, das meine prima Argumente illustrierte, darunter eine offizielle amtliche Musterabrechnung und eine minuziöse Chronologie.
Zurückgekommen ins Büro, legte mir der Anwalt ein Papier vor, fünf Seiten, mit vorgestrigem Datum, und bemerkte dazu, es stünde alles da drin, und er hätte angenommen, dass... ich könne es ja jetzt lesen, wenn ich wolle, aber das... Wie bitte, ob provisorisch? Ähm nein, nicht ein Entwurf... und er wisse, es sei vielleicht anders als ich erwartete... es tue ihm Leid... er hätte nicht gewusst, dass ...
Um unter normalen Umständen einen solchen Anwaltsschrieb aufzunehmen, braucht es eine gute halbe Stunde Konzentration. Hier waren die Umstände weit entfernt von normal. Kaum ansatzweise überflog ich das Dokument, zu mehr war ich ausserstande. Versuchte, klare Gedanken zu fassen; geistiges Reset. Dann begann ich meine Präsentation von wasserdichten Argumenten und Fakten. Schon im ersten Punkt waren Herr Kieser und ich exakt gleicher Meinung, nämlich dass RAV und Kasse zwar zusammenarbeiten sollten, aber sich quasi wie auf unterschiedlichen Planeten bewegten; die eine Hand wusste nicht, was die andere tat; und dass systembedingt eine grosse Fehleranfälligkeit da war. Ein gewaltiger Stein fiel mir vom Herzen - wir waren uns ja beide total einig! Endlich jemand, der es so sah wie es war! Der Fehlstart mit dem ominösen Mail war so gut wie weggepustet...
Doch war unsere Übereinstimmung damit abrupt zu Ende. Alle meine weiteren Ausführungen perlten am Anwalt ab. Er begann bald, mir in immer kürzeren Abständen ins Wort zu fallen. Nach einer gewissen Weile - ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren -, nachdem er zu allem nur noch den Kopf geschüttelt und auf sein Schreiben gewiesen hatte, stand der Anwalt auf und machte deutlichste Anstalten, sich aktiv auszuklinken. Es stünde ein anderer Termin an, und wir seien ohnehin durch. Keine einzige Frage hatte er mir gestellt, auf nichts war er eingegangen. Auf meine verzagte Erkundigung, ob es das jetzt gewesen sei, bemerkte er, eigentlich schon, ausser es geschähe so etwas wie ein Wunder. Fast fluchtartig verliess er darauf sein Büro und liess sich dann auch im Vorzimmer nicht mehr blicken. Ich verliess die Anwaltskanzlei mit leeren Händen und wahrscheinlich mit leerem Blick, in einer Art Trance. Aber mit einem echten Déjà-vu von einem Anwaltsgespräch, das keines gewesen war. Mein Stimmungsbarometer entsprach ziemlich genau der späteren Wetterlage über Zürich.
An jenem Mittwochabend liess ich Mails Mails und Schreiben Schreiben sein und begann stattdessen, mich auf das bevorstehende Wochendende von Donners- bis Sonntag im Montafon mit einer Gruppe von engeren Verwandten einzustellen, fernab von Alltag, PC und Verjüngungstrickbetrug.
An diesem Montag nach einem entspannten, geselligen und kurzweiligen Österreich-Weekend fühlte ich mich gewappnet, das Mail abzurufen, mit welchem ich nie und nimmer hatte rechnen müssen und dessen Inhalt und Beilage ich bereits in groben Zügen kannte:
"Am Montag 13.07.2020 schrieb U. Kieser:
Sehr geehrter Herr Varga, beiliegend meine Stellungnahme - als Vorbereitung für unsere Besprechung am kommenden Mittwoch. Leider habe ich (bisher?) keinen Weg gefunden, Ihnen Unterstützung leisten zu können.
Freundliche Grüsse..."
Für das fragwürdig eigensinnige Vorgehen des Rechtsanwalts hatte ich auch rückwirkend nur Kopfschütteln übrig. Ausgerechnet er, dem Vernehmen nach ein Experte, hatte klein beigegeben und mich bereits vorzeitig fallen gelassen; klammheimlich hinterrücks kaltgestellt. Seine Glaubwürdigkeit befand sich im freien Fall.
Jetzt fühlte ich mich motiviert und imstande, die juristische Einschätzung von Anwalt Kieser zu studieren und einzuschätzen.
Beim Lesen kam ich aus dem Staunen kaum heraus. Das wollte eine sorgfältige, abgewogene Einordnung sein? Unsorgfältiger, unabgewogener und unvollständiger hätte diese sogenannte juristische Einschätzung kaum sein können. Es sah ganz danach aus, als hätte Anwalt Kieser eine Praktikantenarbeit unbesehen durchgewinkt. Das, was da stand, hatte gar keinen konkreten Bezug zu meinem Fall. Sogar als Entwurf war das Dokument untauglich und inakzeptabel; trotzdem war es mir als final und verbindlich untergeschoben worden; eigentlich eine unfassbare, beispiel- und respektlose Ungehörigkeit; es musste sich um einen Irrtum handeln.
Eine Woche lang evaluierte ich die Situation und werweisste über das überaus kuriose Verhalten des Anwalts. Meine Ehegemahlin - die die gesamte Geschichte selbstredend in- und auswendig kannte - pflichtete mir bei, dass dieses Einschätzungsschreiben eines selbstrespektierenden spezialisierten Rechtsanwaltes unwürdig war. Und auch, dass es sich durchaus um eine überhastet durchgewinkte Praktikantenarbeit, oder um sonst eine Art von Versehen und/oder Verwechslung handeln konnte.
Nach nüchterner Analyse beschloss ich, mit einem starken Mailbrief bei der einen gemeinsamen Einstimmigkeit zwischen Anwalt und mir einzuhaken, darauf aufzubauen und bei der Gelegenheit einzuflechten, dass er über die Beratungspflichten von RAV- und Kassenpersonal auch schon Gegenteiliges doziert hatte.
Eine solche Situation wünschte sich niemand. Unabsehbar lange auf die überfällige Reaktion eines verpflichteten Gegenübers warten zu müssen, war zermürbend. Besonders, wenn die Fakten dermassen offensichtlich vorlagen und ich mir meiner Sache sicher war. Deshalb hielt ich es für eine prima Idee, eine Arbeitswoche später nachzudoppeln und am Freitag 31. Juli Anwalt Kieser mit weiteren starken Argumenten ins eigentlich (?...) anwaltlich integre Gewissen zu reden.
Was für eine Überraschung: gleichentags vier Stunden später kam bereits ein Rückmail...
Wieder fiel mir auf, dass Anwalt Kieser das eine oder andere Detail offenbar anders sah als es laut Akten gewesen war: diesem Anders-sehen oder Anders-interpretieren musste und wollte ich einen Riegel schieben.
Schlüsselaspekt im bisherigen GESTRAVT-Fall war u. a. auch der amtliche Tipp zu Frage 2 oben, abgegeben vom Amt für Wirtschaft und Arbeit Zürich. Welche arbeitslos gewordene Person sollte diese behördlichen Anweisungen in den Wind schlagen wollen?
PENDENZ - Mail von U. Kieser...
EINSCHUB - Mail von U. Kieser...
(Beitrag ursprünglich Blogformat, zwei Fenster)
[Eine Woche lang hatte ich mir Gedanken gemacht und einige Mail-Briefentwürfe begonnen, als mir die Idee mit dem herkömmlichen Postbrief einfiel. Das Schreiben sollte Herr Kieser hälftig gefaltet und gebunden persönlich erhalten (oben die Blatthälfte mit lauter Fragezeichen), die Escher-Wassermühle hingegen ungefaltet auf A4. Das Trugbild sollte die mir untergejubelte Phantom-Rahmenfrist symbolisieren. Ich wollte den Anwalt dazu bewegen, die Augen zu öffnen und sein Vorgehen zu überdenken.]
[Diesen Brief D#810 am 5. Oktober 2020 nochmals verschickt per Mail.]
EINSCHUB - Mail von U. Kieser...
Ein druckvolles, provokatives (oder besser: pro-aktives) Schreiben war nunmehr angebracht. Es galt, Anwalt U. Kieser aus der Reserve zu locken. Der Fairness wegen konnte ich nicht das ganze Schreiben hier präsentieren, wohl aber einen Auszug:
Dann wartete ich ab. Anwalt Kieser musste eigentlich reagieren, dachte ich. Er würde sich Gedanken machen (müssen), was es mit dem Tablet-ScreenPrint auf sich hatte; möglicherweise glaubte er an ein Fake?
In den folgenden Tagen werkelte ich an der Blogsite herum. Ab und zu googelte ich das Wort "gestravt" und fand ziemlich viele Treffer vor - mehrheitlich holländische nebst einer handvoll englischer. Einige hatten Bezug auf RAV4 - offenbar ein ziemlich populäres Toyota-Allradvehikel.
Nach einer Woche ohne Antwort begann ich wie immer, eventuelle nächste Schritte abzuwägen. Nach etwa zehn Tagen fand Google mit dem Stichwort diese Website auf; Bing hatte noch etwas Mühe. Irgendwann würde Anwalt Kieser, wenn er einigermassen neugierig und/oder interessiert und/oder beunruhigt war, auch darauf stossen müssen.
In diesem Herbst begann ich, die GESTRAVT-Website einer Transition zu unterziehen. Zu Prä-Kieser-Zeiten hatte ich keine Veröffentlichungspläne oder -absichten gehabt, weshalb da keine Unmittelbarkeit war. Protagonistennamen schwärzte ich ein oder änderte sie. Anwalt Kieser trug die Namen Schwaiger oder M. A. Rionette, aus selbsterklärenden Gründen....