Versicherungsseitig primär in Kontakt kamen die Versicherten mit ihrer RAV-Beratungsperson. Vor allem beim RAV-Erstgespräch konnten sie deshalb von ihrer RAV-Beratenden erwarten, über Anspruchsvoraussetzungen, Rahmenfrist und Grenzfälle kompetent informiert zu werden. Denn da im hier und jetzt wurden die Weichen gestellt.
Doch war erstens für Beraterin Erb* die Erde leider flach: für sie hatte die Versicherungsleistung mit Tag 1 meiner Arbeitslosigkeit begonnen, komme was da wolle. So versagte Frau Erb bei ihrer kernigsten Kernaufgabe: Prüfen der Vermittlungsfähigkeit in erster Instanz. Denn für vier Wochen am anderen Ende der Welt in November und Dezember 2013 war ich weitest entfernt von vermittlungsfähig. Rahmenfrist Leistung konnte zu Beginn meiner Erwerbslosigkeit nicht beginnen.
Zweitens und ebenso fremd war ihr - sieben Wochen vor Geburtstag 61 - die Aufschiebbarkeit des Rahmenfristbeginns. Mit der Konstellation Auslandreise und Geburtstag 61 war Frau Erb überfordert.
(*Name geändert)
Beim Erstgespräch mit RAV-Beraterin Erb am 4. November 2013 unterschrieb ich guten Glaubens das Formular Anmeldebestätigung zur Arbeitsvermittlung.
Knappe 5 Jahre später gab Frau Erb (= Frau C._) der Kantonspolizei Zürich anlässlich Einvernahme Hochinteressantes zu Protokoll:
Amtlich schwarz auf weiss: Beraterin Erb hatte allen Ernstes geglaubt, meine Rahmenfrist hätte bereits am 1.11.2013 begonnen.
Sofortiger Stellenantritt war illusorisch wegen Auslandreise ab 9. November; potentielle Arbeitgeber waren durch das staatliche Stellenportal bis 7. Dezember in die Irre geführt. Dass mich niemand per 1.11.2013 angestellt hätte, lag auf der Hand.
Nachhaltig verheerend war aber die hervorgerufene Kettenreaktion:
1. SECO startete Versand der persönlichen monatlichen Formulare "Angaben der versicherten Person".
2. Ohne Aufklärung stand ich nach der Reise unter Zwang zum Ausfüllen und Einsenden von Formularen November und Dezember. Laut RAV hatte ich unbezahlte Ferien verbracht.
3. Kasse Syna Olten sah sich zur Unzeit zum Abrechnen der Formulare veranlasst - ohne Kontrolle der elementarsten Voraussetzung: Vermittlungsfähigkeit. Down under in Bluff, Neuseeland, war ich weit entfernt von vermittlungsfähig gewesen.
Gleich nach Beginn der Arbeitslosigkeit weilte ich reisehalber für vier Wochen am anderen Ende der Welt und war nicht vermittlungsfähig (Blog 3.11.2020). Rahmenfristbeginn am 1.11.2013 war nie in Frage gekommen. Was mir im Nachhinein aufgezwungen wurde, war eine Phantom-Rahmenfrist: von vornherein nichtig und ungültig.
Nach dem RAV-Erstgespräch am Montag stand ich dem Arbeitsmarkt, arbeitstagmässig gesehen, viereinhalb Tage lang zur Verfügung. Eine 100-Prozent-Stelle ab 1. November 2013, bei Ferien vom 9. November bis 6. Dezember, wurde mir nicht angeboten.
Grundsätzliches und Elementares, das leider nicht bis zum RAV Wetzikon im Zürcher Oberland durchgedrungen war.
Aus Protokoll des Erstgesprächs* am RAV geht hervor:
1.) Beraterin war der irrigen Überzeugung, meine AL-Versicherung hätte am 1. November begonnen.
2.) Beraterin wusste nichts über Wartetage: ich hatte deren 15 zu bestehen - vor deren Tilgung waren Ferien ausgeschlossen.
3.) Kriterium Vermittlungsfähigkeit war der Beraterin fremd: sie gewährte spontan "unbezahlte Ferien" ohne Wimpernzucken.
4.) Über Police Über-61 und deren aufgeschobenen Beginn wusste die Beraterin nichts.
Sie machte für den Normalfall alles richtig. Für mich als Sonder-Grenzfall machte sie alles falsch. Ein Glück, dass sie meine mündliche Anmeldung bzw. Geltendmachung der Über61-Police registriert, mit Kasse Syna besprochen und auch offiziell protokolliert hatte.
(*) Anmerkung: amtliches Auftauchen des abgebildeten Protokolls, und auf Umwegen erstmals zu Gesicht bekommen, im Dezember 2015.)
Nicht beim Erstgespräch, und zu keiner Zeit danach: nie hatte ich Anlass, die Anordnungen und Instruktionen der RAV-Beraterin zu beargwöhnen. Dass sie weniger sattelfest war, als sie den Anschein machte, konnte ich nie und nimmer ahnen.
Allein schon die protokollierte mündliche Anmeldung zur Über61-Police ist gemäss ATSG 29-3 gesetzlich durchsetzbar. Allein, wer beachtet ATSG? Wer kennt denn schon ATSG?
Voraussetzung für meine Über61-Police war der 61ste Geburtstag im Dezember 2013, der einfach abzuwarten war. Das irrige Datum 01.11.2013 [Stellenantritt möglich ab], unkontrolliert stehen gelassen im RAV-EDV-System AVAM, gelangte ebenso unkontrolliert ins Abrechnungssystem ASAL. So hatte nicht die Arbeitslosenkasse, sondern RAV den ungültigen Versicherungsbeginn festgesetzt - kassenseitige Unterlassung der kernigsten Kernpflicht.
Die monatliche Überprüfung erfolgte offensichtlich nicht immer richtig. Prüfung meines Formulars "Angaben der versicherten Person für den Monat" November 2013 konnte nichts anderes ergeben als Nichterfüllung der Anspruchsvoraussetzungen. Es liegt auf der Hand, dass November 2013 ungeprüft abgerechnet worden war, was Ungültigkeit bzw. Nichtigkeit der mir untergejubelten Rahmenfrist beweist.
Nicht immer ist man in der Lage oder in der Verfassung, die Anordnung einer Amtsperson hinterfragen zu können. Nach dem Stellenverlust, mit dezimiertem Selbstvertrauen in einem behördlichen Abhängigkeitsverhältnis, fiel mir nicht im Traum ein, Verhalten und Anordnungen der RAV-Beraterin zu beargwöhnen. Erst viel später dämmerte mir, dass sie und ich so wenig Durchblick gehabt hatten wie zwei Blinde in einem Labyrinth.
Es ist herzerwärmend, Weisheiten über Vertrauensschutz nachlesen zu können. Nicht herzerwärmend ist, feststellen zu müssen, dass sich Behörden zuweilen, rustikal ausgedrückt, einen Dreck um den Grundsatz scheren....
.... wobei es herzerwärmenderweise nicht überall gleich abläuft, wie ersichtlich aus diesem Urteil im fernen Graubünden.
... darf den Versicherten eine ungenügende oder fehlende Information. Schön wär's, wenn Gerichtsentscheide national gleichermassen bekannt wären und bei allen Instanzen die gesetzlich vorgeschriebene Beachtung fänden...
Anders als diesem Beschwerdeführer hat es mir enorm zum Nachteil gereicht, nicht ausreichend aufgeklärt und beraten worden zu sein.
Selbstsicher und resolut hatte meine RAV-Beraterin im Erstgespräch mehrere Anordnungen getroffen: Bezug von Ferien, nächsten Termin, Foto ersetzen, Anzahl Bewerbungen rückwirkend. Die dannzumal geschaffene Vertrauensbasis verwehrte mir eine andere Herangehensweise, als an die Mär der "unbezahlten Ferien" zu glauben.